Archiv für Oktober 2007

“Denkverbote” in Deutschland? Ein Nachruf auf Eva Herrmann

Sonntag, Oktober 28th, 2007

Es war also mal wieder nicht alles schlecht am Dritten Reich. Der Frage, ob Eva Herman mit ihrem Lob des nationalsozialistischen Wertesystems und der Familienpolitik des Dritten Reichs recht hat (hat sie nicht), soll hier nicht detailliert nachgegangen werden. Die Printmedien haben sich ausführlich mit dem Rassenwahn der Nationalsozialisten, der Diskriminierung der Frauen und der Auflösung der Familien beschäftigt. Viel interessanter scheint es mir, zu untersuchen, ob der Chor der Herman-Jünger recht hat, wenn er das Klagelied über angeblich in Deutschland herrschende Denkverbote anstimmt. Ist es in Deutschland aus Prinzip verboten, über positive Aspekt nationalsozialistischer Politik zu sprechen?

Grundsätzlich gilt das natürlich nicht. Positive Aspekte nationalsozialistischer Politik dürfen erwähnt werden. (Ich fordere hiermit jeden, der einen kennt auf, sich zu melden!) Die Probleme entstehen erst mit der Art, wie über diese positiven Seiten gesprochen wird. In aller Regel wird hier eine von zwei möglichen Methoden gewählt: die Herman-Methode (auch bekannt als “Lüge” oder “Dummheit”) oder die Rechtfertigungsmethode.

Lob des Dritten Reiches, das nach der Rechtfertigungsmethode vorgebracht wurde, war in Deutschland vornehmlich in den 50er und 60er Jahren zu hören und ist im Kern ein Privileg der Zeitzeugen. Es handelt sich um eine Reaktion auf die Frage nach den Gründen für die Teilnahme oder zumindest Duldung der “Bewegung”. Mit der Aussage, es sei ja nicht alles schlecht gewesen, versucht die betreffende Person, dem eigenen Handeln einen positiven Anstrich zu geben. Der Hinweis auf die Autobahnen, die Vollbeschäftigung oder den angeblichen Rückgang der Kriminalität sollen suggerieren, besagter Zeitzeuge sei Teil eines positiven Projektes gewesen. Sich selbst und allen Zuhörern versucht er so zum einen vorzugaukeln, es habe so etwas wie eine teilweise Unterstützung geben können (Jubel über die Autobahn aber innere Emmigration bezüglich Holocaust); zum anderen versucht er so vom verbrecherischen Kern des Regimes abzulenken. Bei allem Verständnis für den Wunsch nach Rechtfertigung, den man (wie an anderer Stelle bereits ausgeführt) auch bei den Bürgern der DDR findet, liegt das Prolem der Rechtfertigungsmethode genau in dieser Ablenkungsfunktion. Die Unterdrückung eines großen Teils des deutschen Volkes, der Mord an mehreren Millionen Menschen und der unprovozierte Krieg werden so mit (vermeintlichen) Wohltaten aufgewogen. Damit liegt jedoch in jeder Rechtfertigung gleichzeitig auch eine Verharmlosung der nationalsozialistischen Verbrechen. Egal wie positiv man zum Beispiel zur Lösung der wirtschaftspolitischen Probleme durch die Nationalsozialisten auch stehen mag, verglichen mit den Verbrechen, die von den Nazis und ihren willigen Helfern begangen wurden sind diese positiven Aspekte kaum der Erwähnung wert. Auf keinen Fall aber können sie zur Rechtfertigung gereichen. Daher muss sich jeder, der nach der Rechtfertigungsmethode das Lob des Nationalsozialismus singt, sich den Vorwurf der Verharmlosung gefallen lassen.

Eva Herman nun hat es nicht nötig, sich zu rechtfertigen und hat deshalb die andere, von mir “Herman-Methode” getaufte vorgehensweise gewählt. Diese Methode zeichnet sich daduch aus, dass vermeintlich positive Aspekte des Dritten Reichs erwähnt werden, die sich bei näherem Hinsehen, sei es der Begleitumstände wegen, sei es wegen der tatsächlichen Gegebenheiten, als nicht so positiv wie behauptet entpuppen. So sind die von Frau Herman gelobten Werte von Mutter und Familie überhaupt nur bedingt existent. Das nationalsozialistische Lob der Mutter beschränkte sich auf ihre Gebärfunktion und die Familie galt den Nazis nichts. Frau Hermans Aussage stellt sich also als Unwahrheit heraus und damit ist der Kern der Herman-Methode offenbar. Der Nationalsozialismus wird bewusst oder aus Unwissenheit heraus mit unwahren Behauptungen gelobt. Eva Herman selbst halte ich zugute, dass sie bereits in ihrem Buch “Das Eva-Prinzip” einrucksvoll bewiesen hat, dass sie nichts von Geschichte versteht. Es mag also pure Unwissenheit gewesen sein, die sie zu ihren Aussagen verleitet hat. Einem Demagogen wie Irving dagegen kann man guten Gewissens unterstellen, dass er bewusst lügt. Das Problem hierbei liegt, wie bereits bei der Rechtfertigungsmethode, in der mit dem (unberechtigten) Lob oder auch nur der bloßen Unwahrheit verbundenen Relativierung des Verbrechens. Sind schon wahre Tatsachen nicht geeignet, den Charaker des Nationalsozialismus in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, so sind es Lügen (oder Unwissenheit) um so weniger. Wer behauptet, die Erde sei eine Scheibe macht sich nur lächerlich, wer jedoch den Nationalsozialismus auf der Basis unwahrer Behauptungen lobt, verharmlost in erheblichem Maße dieses Regime.

Daher sind die Klagen Hermans und ihrer Anhänger unbegründet und es bleibt zu hoffen, dass diesbezüglich Ruhe einkehrt. Einen positiven Aspekt hat die “Affäre” jedoch: Die geistige Basis von Eva Hermans “Mutterkreuz”-Ideologie liegt nun offen zutage.

In eigener Sache: Zeitblog lebt wieder

Sonntag, Oktober 28th, 2007

Die Umzüge sind weitgehend geschafft, die Internetverbindung ist garantiert, da bedeutet: Zeitblog lebt wieder. Und natürlich muss ich mich gleich zu einem Thema melden, das schon reichlich diskutiert wurde, das aber nichtsdestotrotz auch von mir kommentiert sein will: Eva Herman. Oder besser: Eva Herman und ihre völlige Ahnungslosigkeit.