Archiv für September 2009

Der Mythos von der Friedenspartei

Mittwoch, September 30th, 2009

Der Nachwahlkampf fördert doch so einiges zutage. Zum Beispiel den alten Mythos von den linken Parteien als einzig wahren Friedensparteien: Oskar Lafontaine nennt die Linkspartei die einzige Friedenspartei; bei F!XMBR wird die SPD dazu aufgerufen, wieder zur Friedenspartei zu werden und sogar Stefan Dietrich von der FAZ redet in seinem Kommentar vom Kampf der SPD für den Frieden.

Nur so als kleiner Hinweis: Nur weil die linken Parteien gerne vom Frieden reden, heisst das nicht, dass sie Friedensparteien sind. Die SPD hat ihr Bekenntnis zum Frieden nicht erst mit Afghanistan aufgegeben, sondern schon 1914 mit dem Burgfrieden den Ersten Weltkrieg mitgetragen. Entgegen der Hoffnungen der französischen Sozialisten übrigens, die glaubten, Sie könnten gemeinsam mit der SPD den Krieg verhindern. Und während sich die schwarz-gelbe Regierung noch von einer Teilnahme am durch die Vereinten Nationen gedeckten Irakkrieg “freigekauft” hat, hatte die SPD kein Problem damit, die Bundeswehr im Kosovo und in Afghanistan kämpfen den Frieden sichern und die Freiheit verteidigen zu lassen.

Die friedensbewegte KPdSU hat auch nur die Rote Armee bewegt - mit vorliebe in fremde Länder hinein und Internationalismus war auch nur eine linke Chiffre für Kolonialismus.

Pazifismus und Internationalismus mögen prägende Mythen der Linken sein (und daher kulturwissenschaftlich sicher interessant), aber sie sind eben vor allem das: Mythen.

Deserteure und Verräter

Samstag, September 5th, 2009

Am 08. September will der Bundestag auch noch die letzten gegen Deserteure des zweiten Weltkriegs bestehenden (Todes-)Urteile aufheben. Die Linkspartei hatte zwar vorgeschlagen, die Deserteure, die zudem “Geheimnisverrat” begangen haben als Widerstandskämpfer zu ehren, doch konnte sich die CDU dazu nicht bereit finden. Diese Haltung lobt – wie könnte es anders sein – der Kommentator der FAZ. Und ein Leser geht sogar soweit, die Gelegenheit zu nutzen, die Humanität der Wehrmachtskriegsgerichtsbarkeit zu loben, die “Perversin des Rechts” zu beklagen und eine Hasstirade auf „Linkschaoten“ und „Verräter“ loszuwerden.

Nun kann von Humanität natürlich keine Rede sein. Niemand, der sich wenigstens oberflächlich mit diesem Thema befasst hat, würde das Wort Humanität in diesem Zusammenhang verwenden. Der für die Kriegsgerichtsbarkeit zuständige General z. b. V. Beim OKH hat ausweislich des verbliebenen Aktenbestandes ihm vorgelegte Urteile grundsätzlich verschärft, in vielen Fällen sogar abweichend von den Instanzgerichten die Todesstrafe verhängt (in den meisten mir bekannten Fällen wegen Wehrkraftzersetzung, sprich zynischer Kommentare in der Offiziersmesse). Es bedarf schon eines besonderen Mangels an Gerechtigskeits- und Moralgefühl, um in diesem Zusammenhang von Humanität zu sprechen.

Ein ganz anderes Thema ist die grundsätzliche Behandlung von Deserteuren und Geheimnisverrätern. Patrick Bahners ist insoweit zuzustimmen, als die unterschiedliche Behandlung von “bloßen” Deserteuren aus Angst und (angeblich) aus überzeugung handelnden Geheimnisverrätern in vielen Fällen sicher willkürlich erschiene. Eines jedoch übersieht er dabei: Jede Desertion ist per se ein Akt des Widerstandes. Und im Falle der Wehrmachtsdeserteure richtet sich dieser Widerstand eben nicht gegen eine legitime Regierung und ihren verzweifelten Kampf gegen ausländische Aggressoren. Desertion und Geheimnisverrat ziehen auch nicht in erster Linie den Tod von Kameraden und Zivilisten nach sich (das tun sie, aber darauf kann nicht der Fokus liegen). Desertion und Geheimnisverrat waren die Versuche, ein millionenfaches Verbrechen zu beenden oder zumindest selbst keinen Anteil daran mehr haben zu müssen. Das Deutsche Reich hat unter Verstoß gegen das Völkerrecht seine Nachbarn überfallen und zumindest an der Ostfront unter Missachtung des Kriegsrechts einen Vernichtungskrieg geführt. Und damit wird jede Handlung, die sich gegen eine Fortführung des Krieges richtete zu einem ehrbaren Akt des Widerstandes.

Der Kommentar von Bahners zeigt leider, dass der alte Mythos, von der “anständigen” Wehrmacht, die einen “sauberen Krieg” geführt und alle Verbrechen der SS überlassen habe, immernoch lebendig ist. Und es ist bezeichnend, dass die Rehabilitierung erst mit mindestens 50jähriger Verspätung erfolgt und bis dato am Widerstand der konservativen Parteien gescheitert ist. Genauso bezeichnend, wie die Tatsache, dass das Umschwenken der CDU auf einem Gutachten beruht, dass die damalige Rechtsgrundlage der Urteile für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Eine Anerkennung der moralischen Leistung der “Deserteure” und “Verräter” ist damit natürlich nicht verbunden.

Nachsatz:
Woran liegt es eigentlich, dass die Männer vom 20. Juli, die Ihren auf Adolf Hitler geleisteten Treueeid gebrochen und versucht haben, genau diesen Adolf Hitler zu töten, als Helden gefeiert werden, während die Männer und Frauen, die wegen schlichten Geheimnisverrats verurteilt wurden, immer noch nicht rehabilitiert sind?