Abschied von der Macht
Freitag, Mai 28th, 2010Manchmal, sehr selten nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Geschichte, passiert es, dass ein Mann (aufgrund der geringeren weiblichen Präsenz in der Öffentlichkeit eher selten eine Frau) auf dem Höhepunkt ihres persönlichen Erfolgsstrebens dem Gegenstand dieses Strebens den Rücken kehrt, sich saturiert in ein anderes Leben zurückzieht.
Einer, der das getan hat, ist Lucius Cornelius Sulla Felix. Geboren um 138 v. Chr. beschritt Sulla den cursus honorum, wurde im Jahr 107 v. Chr. Quästor und 97 v. Chr. Prätor. Das Konsulat, das höchste republikrömische Staatsamt erwarb Sulla schließlich 88 v. Chr. nach seinen Siegen im Bundesgenossenkrieg. Nach Siegen über Mithridates und im Bürgerkrieg gegen die Popularen erreichte er seine Ernennung zum dictator auf unbegrenzte Zeit, obwohl das römische Staatsrecht bis zu diesem Zeitpunkt die dictatur nur für eine Höchstdauer von sechs Monaten vorsah. Gestützt auf seine diktatorische Macht lies Sulla bis 81 v. Chr. die Proskriptionen durchführen, d. h. die listenmäßige Publikation der Namen politischer Gegner, die dadurch rechtlos gestellt wurden und deren Tötung belohnt wurde. über 4000 Römer fielen der Verfolgung zum Opfer. Darüber hinaus reformierte er das römische Staatsrecht und stärkte die Stellung des Senats. Nach der Ermordung seiner Gegner, der Sicherung seiner Stellung und der Stärkung des Senats gegen Ritterstand und Volksversammlung befand sich Sulla auf dem Höhepunkt seiner Macht – und trat 79 v. Chr. von der Diktatur zurück. Anders als Cäsar, der gewaltsam von der Staatsgewalt getrennt werden musste, verzichtet Sulla auf seine Macht und verbrachte die Zeit bis zu seinem Tod 78 v. Chr. auf seinem Landsitz außerhalb Roms.
Ein anderes der wahrlich seltenen Beispiele ist Coelestin V. Um 1209 als Pietro del Murrone geboren lebte Coelestin seit seinem zwölften Lebensjahr als Benediktiner und später als Anachoret. Er gründete eine eigene Kongregation innerhalb des Benediktinerordens, der es um eine strengere Anwendung der Ordensregel getan war. 1276 und 1287 wurde er Abt zweier Klöster, zog sich aber 1293 wieder in die Einsiedelei zurück. 1294 wurde er nach zweijähriger Sedisvakanz überraschend zum Papst gewählt, nachdem er die Kardinäle in einem Brief aufgefordert hatte, endlich einen neuen Papst zu wählen. Ausgestattet mit dem höchsten Amt, das die katholische Kirche zu vergeben hat und als zumindest spirituelles Haupt eines “eigenen” Ordens – trat Coelestin nach nur fünf Monaten im Amt zurück. Bis heute ist er der einzige Papst, der sein Amt nicht durch Tod verloren hat.
Und in diese Tradition weitsichtiger Männer, die sich nicht Unbeliebtheit und Überforderung zum Trotz verzweifelt an ihre Macht geklammert haben, stellt sich ausgerechnet – Roland Koch. Der Mann, der mit ausländerfeindlichen Wahlkämpfen auf sich aufmerksam gemacht hat zeigt Größe. Auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn, als hessischer Ministerpräsident innerparteilich unumstritten und außerparteilich nicht ernsthaft herausgefordert, als Gesicht der konservativen CDU ein respektiertes Gegengewicht zur Merkelschen Beliebigkeit, zieht er sich ungeschlagen aus der Politik zurück. Nun beweist das Beispiel Sullas, dass man kein netter Mensch sein muss, um Größe zu zeigen, aber das hat er auf jeden Fall getan – Größe gezeigt.