Archiv für August 2009

Pressefreiheit a la CDU

Samstag, August 22nd, 2009

Dass NPD-Mietglied Rieger und seine Kameraden auf die Presse regelmäßig gereizt reagieren ist ja bekannt (und bei youtube auch zu sehen), aber dass Ursula von der Leyen - immerhin Bundesministerin (nein, nicht für Zensur, für Familie) - ähnlich agiert hätte ich nicht gedacht. Zensursula “stoppt” nicht nur Kinderpornographie, sondern auch ein Kamerateam von Spiegel TV. Aber bei der CDU ist Pressefreiheit wahrscheinlich Freiheit von der Presse.

Schwere Erkenntnis

Samstag, August 22nd, 2009

Irgendwie scheinen Gesellschaften einen gewissen Hang zur Verherrlichung ihrer Streitkräfte zu haben. Im antiken Rom führten die meisten politischen Karrieren über den Umweg des Heeres. Für die Preußen war die Armee die Schule der Nation und sowohl Franzosen, als auch Briten als auch US-Amerikaner halten seit jeher große Stücke auf ihre Armeen. Und jetzt das: die Israelis traditionell (und in gewisser Weise auch zurecht) ihrer Armee in Stolz und Dankbarkeit verbunden, diskutieren offiziell über ihr Verhalten während der letzten Gaza-Kampagne. Vieles von dem, was die Teilnehmer erzählen lässt sich nur als Kriegsverbrechen qualifizieren und so ist es durchaus verwunderlich, dass das Thema überhaupt zur Sprache kommt. Leider muss man einschränkend hinzufügen, dass bei aller Auseinandersetzung mit den Einzelfällen auch in der israelischen öffentlichkeit wenig Bereitschaft zu bestehen scheint, sich einzugestehen, dass es tatsächlich zu Kriegsverbrechen kam (an dieser Stelle nochmal Danke an Svenja für die Infos).

Dennoch kann ich der israelischen Gesellschaft eine gewisse Anerkennung nicht versagen. In der us-amerikanischen Öffentlichkeit begann die Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Vietnamkrieges erst in den 90er Jahren, also gut 20 Jahre nach dem Abzug. Und ich selbst erinnere mich noch gut an die Aufregung um die Wehrmachtsausstellung.

Neben der berechtigten Kritik an historischen Ungenauigkeiten innerhalb der Ausstellung ist mir vor allem eines in Erinnerung geblieben: die selbstgerechte Empörung von Teilnehmern und Epigonen des Zweiten Weltkriegs über die angebliche Unterstellung, jeder Wehrmachtssoldat hätte Kriegsverbrechen begangen. Dabei hat die Ausstellung nichts anderes bezweckt (und bewirkt), als die bundesrepublikanische Öffentlichkeit dazu zu zwingen, die Tatsache anzuerkennen, dass die Wehrmacht institutionalisiert, das heißt von höchster Kommandoebene angeordnet, Kriegsverbrechen begangen hat. Diesen Umstand, den zumindest Historiker seit den 50er Jahren kannten, anzuerkennen viel der deutschen Öffentlichkeit selbst 50 Jahre nach Kriegsende noch spürbar schwer.

Grund hierfür war wahrscheinlich zum einen die allen Gesellschaften immanente Verherrlichung ihrer Streitkräfte und zum anderen, dass die Illusion der schuldlosen Wehrmacht einer der Gründungsmythen der Bundesrepublik war. Wie die DDR an den Antifaschimus, so glaubte die junge Bundesrepublik daran, dass Verbrechen allein von der SS begangen worden seien, während die Wehrmacht einen “sauberen” Krieg gefochten habe, “anständig geblieben sei - um die Worte Himmlers zu verwenden. Wie man sich 50 Jahre lang einreden konnte, der ideologisch aufgeheizte Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion sei kriegsrechtlich ohne Beanstandung abgelaufen ist mir schleierhaft. Aber vielleicht ist genau das die Natur von Mythen. Glücklicherweise sind die Deutschen diesem Mythos entwachsen. Ich gehe davon aus, dass der israelischen Gesellschaft mittelfristig ein ähnlicher Reifungsprozess bevorsteht.

Israelische Besonderheiten

Freitag, August 21st, 2009

Durch zwei Blogbeiträge wurde ich auf Besonderheiten der israelischen Rechtslage aufmerksam gemacht, die - im besten Fall - reichlich individuell sind:

Im neuesten Beitrag bei Talmud und Techno berichtet Svenja, dass es in Israel Einwanderern verboten sei, sich in Zentralisrael niederzulassen, das heisst im Gebiet zwischen Hadera und Gedera. Verrät mir mal jemand, was der Quatsch soll? Wenn ich nicht in Tel Aviv leben darf, hat sich meine Auswanderung nach Israel soeben erledigt. ;-)

Noch spannender allerdings finde ich einen Artikel der Süddeutschen Zeitung, das israelische Ehestandsrecht betreffend: Israel anerkennt keine gemischt-religiösen Ehen. Oder besser: der israelische Staat anerkennt in Israel geschlossene Ehen nur, wenn sie von einem Geistlichen geschlossen wurden (und die trauen keine gemischt-religiösen Paare)… weshalb Israelis im Zweifelsfalle zum Heiraten nach Zypern fliegen.

Natürlich könnte man jetzt vertreten, dass die Beschränkung der Eheschließung auf geistliche Autoritäten ein kluger Schachzug des israelischen Staates war, um Streit mit den vielen religösen Gruppen zu vermeiden und ein Zeichen für die moderne Einstellung Israels ist, das das Institut der Ehe als religiöse Besonderheit ohne jeden wirklichen Bezug zum säkularen Staat behandelt. Aber an manchen Abenden habe nicht einmal ich Lust, Israel zu verteidigen.