9.
Jul
07

Die sieben Weltwunder: Was wäre wenn…

von Ben

… Albert Speer und Adolf Hitler ihre Drohungen Pläne hätten verwirklichen und Deutschland mit den steingewordenen Zeugnissen ihrer Gigantomanie zupflastern können? Die Abstimmung über die “neuen” Weltwunder wäre wahrscheinlich anders ausgegangen. Etwa so:

  • Große Halle in Germania (vormals Berlin) (weil Deutschland mit Krieg gedroht hat, falls sie nicht gewinnt)
  • Prachtstraße in Germania (weil Deutschland mit Krieg gedroht hat, falls sie nicht gewinnt)
  • Stadion in Nürnberg (naja, ihr wisst warum.)
  • Hängebrücke in Hamburg (ja, ja, immernoch der Krieg)
  • Hitlerkunstmuseum in Linz
  • Nationaldenkmal in Rom (damit die lieben Verbündeten sich freuen können)
  • irgendwas in Japan (ihr wisst ja, die Verbündeten…)

Keine schönen Aussichten, oder? Damit ihr aber genau wisst was uns erspart geblieben ist (neben einem faschistischen Riesenreich mitten in Europa, der völligen Ausrottung der Juden, der weitgehenden Ausrottung der Slawen… heute geht es mal nur um Ästhethik) hier noch ein paar Detailinformationen zu Speers und Hitlers Plänen.

Germania
Berlin sollte in “Germania” umbenannt und weitgehend umgebaut werden. Das zentrale Projekt dieses Umbaus war die Große Halle (auch Ruhmeshalle des Volkes). Diese sollte sich auf einer quadratischen Fläche von 99225 Quadratmetern in eine Höhe von 290 Metern erheben. Auf einem 74 m hohen Grundbau war eine Kuppel von 250 m Durchmesser vorgesehen. Diese Kuppel wäre die größte der Welt gewesen. Als Material sah Hitler Granit vor. Im 38000 Quadrtmeter großen Innenraum hätten 150000 bis 180000 Menschen Platz gefunden. Vorhandene Modelle von Außenansicht und Innenansicht zeigen die Halle in ihrer ganzen geplanten Häßlichkeit.

Weiterhin war vorgesehen die Stadt mit zwei sich kreuzenden Verkehrsachsen (nord-süd und ost-west) zu durchziehen. Die Nord-Süd-Achse sollte als Prachtstraße von 40 km Länge und 120 m Breite ausgebaut werden. Die Straße sollte vom neu zu errichtenden Nordbahnhof bis zum (genau: ebenfalls neu zu errichtenden) Südbahnhof verlaufen. Als zusätzliches “Schmuckelement” war ein Triumphbogen von 117 m Höhe und 170 m Breite vorgesehen, auf dem die Namen aller Gefallenen des Ersten Weltkriegs eingraviert werden sollten. Auch von der Prachtstraßenplanung existieren Modelle.

Nürnberg
Dass Nürnberg als Stadt der Reichsparteitage ebenfalls ausgebaut werden sollte dürfte niemanden überraschen. Neben einem gigantischen Aufmarschplatz für Parteitage und Paraden war vor allem ein Sportstadion vorgesehen. In diesem Stadion plante Hitler, die Olympischen Spiele stattfinden zu lassen (nein, nicht 1944, immer!). Das “Deutsche Stadion” sollte in Hufeisenform Platz für 400000 Menschen bieten.

Hamburg
Für Hamburg, das Welthandelsstadt werden sollte, war die Errichtung einer neuen Hängebrücke geplant. Diese wäre - wen wundert es - die größte Hängebrücke der Welt geworden und hätte damit die Golden-Gate-Bridge abgelöst.

Linz
In Linz, wo Hitler plante, seinen Lebensabend zu verbringen, sollte eine neue Kunst- und Gemäldegalerie errichtet werden - das “Hitlerkunstmuseum”. Wie nicht anders zu erwarten sollte es das größte Museum der Welt werden. Die Exponate sollten von anderen deutschen Museen zur Verfügung gestellt oder im Ausland erworben werden, wobei sich in der Praxis die Erwerbung auf Kunstraub beschränkte.

Was ein Glück, dass der Welt das erspart geblieben ist!

4 Responses to “Die sieben Weltwunder: Was wäre wenn…”

  1. H.B. Says:

    Ich unterstütze sicherlich nicht die Politik oder die Ideologie von damals, ich muss aber sagen, dass du anscheinend keinen Sinn für Ästhetik hast. Natürlich waren die Vorstellungen utopisch, aber zeitgemäß für damals und genug andere Bauten, so wie das heutige Bundesministerium für Finanzen, wurden von eben selbigen gebaut und existieren heute noch und sehen nun mal gut aus. Architekt ist nämlich ein Beruf und keine Ideologieverpflichtung. Und ich denke entweder schreibt man einen Sachtext, oder aber eine persönliche Meinung (mit eher kargen Witzen); jedoch beides so unschön zu vermischen, wie du es gemacht hast, nimmt einem die Lust am Lesen.

  2. admin Says:

    Erst einmal vielen Dank für den Kommentar - die Kritik an der Vermischung von Sachtext und Polemik nehme ich gerne auf.

    Was den ästhetischen Aspekt angeht, halte ich an meiner damaligen Meinung jedoch fest: die beiden hervorstechenden Merkmale nationalsozialistischer Architektur waren einerseits hemmungslose Gigantomanie, andererseits wirre Antikisierung. Und es ist ja nicht nur so, dass beides gerade in der Kombination verkrampft wirkt und weniger wie die Darstellung von Größe, als mehr wie der Versuch, Minderwertigkeitskomplexe zu kompensieren; hinzu kommt, dass diese Architektur eben nicht “zeitgemäß” war, sondern wie ein Rückfall in den Klassizismus wirkt - mit der künstlerischen (Post-)Moderne wollten die nationalsozialistischen Machthaber ja gerade nichts zu tun haben.

  3. emma Says:

    Ich finde die Vermischung von Sachtext und Polemik in einem Blog völlig in Ordnung!
    Deutsche Ästhetik wiederum ganz und gar nicht. Zu den beiden genannten Aspekten kommt ja noch hinzu, dass ich mich, wenn ich davor stehe, ganz klein und unbedeutend fühle. Und das ist Absicht. Es sind einschüchternde, trostlose Gebäude, die eine gruselige Faszination ausüben. Ein Glück, dass es nur wenige gibt, da bin ich ganz deiner Meinung, Ben.

  4. admin Says:

    Hallo Emma,
    vielen Dank für den Beitrag. Den Aspekt der “Verzwergung” des Betrachters habe ich mir noch nicht so deutlich vor Augen geführt, aber Du hast sicher recht - genau diese Wirkung war beabsichtigt. Die Minimierung der Bedeutung des Individums durch Monumentalbauten geht insofern einher mit der Bedeutungsreduktion des Individuums gegenüber der “Volksgemeinschaft”. Auch davon legen diese Bauten Zeugnis ab. Und entgegen H. B. bin ich durchaus der Meinung, dass die Architekten sich dieser Wirkung bewusst waren und sie gewollt haben.

Leave a Reply