Archiv für ‘Uncategorized’ Category

Ein Blog weniger

Donnerstag, Mai 14th, 2009

Eigentlich wollte ich heute über mein neues Buch (Eichmann in Jerusalem) und den Besuch des Papstes ebenda nachdenken, aber was muss ich stattdessen heute morgen erfahren? Einer meiner beiden Lieblingsblogs in der FAZ wird eingestellt. Und warum? Weil die Autorin nach Deutschland zurückkehrt. Warum nur tut sie so etwas unvernünftiges? Wer will überhaupt hierher zurück? :-(

Wenigstens existiert Antike und Abendland noch! Ein sehr schönes Blog, das ich hiermit wärmstens empfehle.

21. Jahrhundert

Freitag, April 17th, 2009

Wenn das (lange) 19. Jahrhundert die Zeit der Revolutionen und das (kurze) 20. Jahrhundert die Zeit der ideologischen Gegensätze war, erst des Kampfes zwischen Faschismus und Kommunismus, dann der Auseinandersetzung zwischen Kommunismus und Liberalismus, was mag dann das 21. Jahrhundert sein? Eine Ära des Friedens ist sie wohl nicht und dass der Gegensatz zwischen westlicher Kultur und Islam(ismus) das Potential hat, eine ganze Epoche zu bestimmen, halte ich für zweifelhaft.

Wo manch anderer angesichts der Herausforderung durch Islam und Wirtschaftskrise die Rückkehr der Ideologien erwartet, sehe ich ein Zeitalter der Beliebigkeit heraufziehen. Wenn man mit Peter Gay sagt, dass die Moderne eine Zeit der Häresie gewesen sei, was bleibt dann für die Postmoderne? Die großen Tabubrüche in künstlerischer wie in politischer Hinsicht hat die Moderne längst vollzogen. Die Ständegesellschaft wurde abgeschafft, eine klassenlose Gesellschaft (oder Volksgemeinschaft) erträumt, auf die Gegenständlichkeit der Darstellung verzichtet, die Tonalität aufgegeben und das Individuum zuerst gefeiert, um dann in einer namen- und gesichtslosen Masse wieder aufgelöst zu werden. Gesellschaftliche Tabus scheinen einer vergangenen Zeit anzugehören, denn über alles wurde bereits gelacht, sogar über das Dritte Reich.

Was übrig bleibt ist grenzenlose Unbestimmtheit. Wo alles Kunst sein kann, da ist kein Raum für ästhetische Dogmatik oder den bewussten Tabubruch. Wo alles denkbar erscheint und inmitten der Demokratie Faschismus und Kommunismus verherrlicht werden, da ist kein Platz für ideologische Bindung. Das geistige Zentrum des postmodernen Menschen ist da Individuum und weil alles nur das Individuum betrifft ist alles möglich und alles erlaubt. Und diese Masse uniformer Individualisten sieht die Werte, die ihre Vorfahren erkämpft haben und nimmt sie doch nicht wahr. Die Demokratie wird an die Wirtschaftslobby verkauft und Menschenrechte stehen im Belieben des Staates. Die Kunst verehrt sich selbst und feiert ihre Bedeutung für die Gesellschaft und die Gesellschaft sieht “Deutschland sucht den Superstar”.

Vielleicht wird das 21. Jahrhundert tatsächlich eine Zeit der Auflösung.

Lasst uns irgendwas verbieten

Donnerstag, März 19th, 2009

Ausnahmsweise in aller Kürze: Ich sehe ja irgendwie sogar ein, dass man als Politiker gezwungen ist, sich zu jedem Vorfall zu Wort zu melden und vielleicht zwingt der Beruf sogar zu blindem Aktionismus. Aber wenn ich mir die Reaktionen nach dem Amoklauf in Winnenden ansehe, frage ich mich doch, warum es notwendig sein sollte, die Gefühle der Betroffenen und das Andenken der Opfer durch dumme Äußerungen zu beleidigen. Jedesmal wenn irgendwo ein Jugendlicher durchdreht steht mit Sicherheit ein Politiker auf und schreit nach dem Verbot von “Killerspielen”. Und was verbieten wir dann als nächstes? Nationalhymnen? Die Ilias? (An dieser Stelle Dank an Professor Walter.) Langsam nervt es!

Klima und Kultur

Sonntag, März 1st, 2009

Beschäftigt man sich mit unterschiedlichen Kulturen, insbesondere ihrer Entwicklung, stellt man sich irgendwann die Frage, warum sich gerade Europa (und mit Europa Nordamerika) schneller und weiter entwickelt hat, als der Rest der Welt. Wo liegen die Gründe für die geistige, auf jeden Fall aber technische, überlegenheit Europas? (Bei aller Diskussion um den angeblichen Werteverlust, betrachte ich die Idee von Menschenrechten mit universeller Geltung, von Gleichberechtigung und Freiheit als Fortschritt.)

Die jüngste Erklärung die mir - im privaten Kreis, aber mit Verve vorgetragen - begegnet ist, ist so simpel wie einleuchtend: die komfortable klimatische Situation Europas. In der Tat haben sich alle Hochkulturen in Gebieten von besonderer Fruchtbarkeit entwickelt. Sei es das Babylonische Reich zwischen Euphrat und Tigris, das alte ägypten im erntereichen überflutungsgebiet des Nil oder in Italien. Fruchtbares Land ist die Voraussetzung für städtische Entwicklung, die Arbeitsteilung und Spezialisierung mit sich bringt und damit Weiterentwicklung.

Aber: Warum hat sich zum Beispiel Japan nicht wie Europa entwickelt, obwohl es doch den technischen Rückstand nach der erzwungenen öffnung des Landes rasant aufgeholt hat? Warum haben die nordamerikanischen Staaten sich nach der Ankunft der Europäer parallel zu diesen entwickelt, davor aber nicht? Oder, um das Ganze noch kleinteiliger zu betrachten, warum begann die Industrialisierung in England und nicht im klimatisch vergleichbaren Mitteleuropa? Weil die geistigen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen günstig waren.

Das zeigt vor allem eins, dass monokausale Erklärungen schön weil einfach sind, leider jedoch den letzten Realitätsbezug vermissen lassen.

(Un-)Karnevalistische Gedanken

Dienstag, Februar 24th, 2009

Der Karneval nähert sich seinem Ende, Aschermittwoch steht vor der Tür und bei all dem Trubel, den ich an mir habe vorbeiziehen lassen, musste ich regelmäßig an einen anderen Karneval denken. Kein hunderte von Jahren zurückliegender Karneval mit dutzenden von Toten - auch wenn das vielleicht interessanter wäre - sondern ein gerade einmal 18 Jahre zurückliegender. Das besondere daran ist, dass er faktisch zumindest in Deutschland nicht stattfand.

1991 entschlossen sich die Narren in Deutschland unter dem Eindruck des ersten Krieges mit europäischer Beteiligung seit dem Zusammenbruch des Ostblocks, nicht Karneval zu feiern. Man wollte sich nicht in Frohsinn ergehen, an Albernheiten ergötzen, während im Irak Menschen starben. Diese edel anmutende Geisteshaltung in Ehren, aber es drängt sich doch die Frage auf, ob 2009 zur Karnevalszeit keine Kriege unter europäischer Beteiligung mehr geführt werden. Und ob den Karnevalisten die toten Amerikander des Jahres 1991 mehr wert sind, als die toten Amerikaner des Jahres 2009.

So böswillig muss man aber nicht über seine Zeitgenossen denken. Der Unterschied zwischen dem Karneval 1991 und dem karneval 2009 dürfte uns weniger über die Geisteshaltung der heutigen Zeitgenossen verraten als vielmehr ein bezeichnendes Licht auf die Stimmung der beginnenden 90er Jahre werfen. Eine Zeit, die geprägt war von einer heute kaum verständlichen Zukunftshoffnung. Nach dem Ende des vierziegjährigen Kalten Krieges stand es damals für die Menschen zumindest in Deutschland, wahrscheinlich in ganz Europa, fest, dass auf einen kalten Krieg nur noch Friede folgen könnte. Der Konflikt, der die letzten Jahrzehnte geprägt hatte war vorbei - wo sollten neue Konflikte entstehen? Mitten hinein in diesen Friedenstaumel platzte der Angriff der Alliierten auf den Irak und brachte die Harmonieblase zum Platzen. Wir mussten uns plötzlich damit auseinandersetzen, dass wohl doch nicht alles übel auf dieser Welt ausschließlich aus dem ideologischen Gegensatz von Ost und West geboren wurde. Der Irakkrieg wirkte ernüchternder als so manch ein Aschermittwoch und brachte ließ eine ganze generation jäh aus ihren Friedensträumen erwachen.