28.
Jun
07

Böse, böse Killermusik!

von Ben

Wie verschiedene Medien, unter anderem der Spiegel, berichten, hat sich in einem Interview mit der Cicero Kulturstaatsminister Bernd Neumann dafür stark gemacht, “Killerspiele” und gewaltverherrlichende Rapmusik zu verbieten. Wie in der Politik üblich hat es der Kulturstaatsminister natürlich vermieden, sich darauf festzulegen, was er unter “Killerspielen” versteht. Wir können also damit rechnen, dass demnächst “Moorhuhn” verboten wird. Viel interessanter finde ich aber den Vorstoß, Musik zu verbieten. Das wars dann wohl mit Public Enemy (hört die noch irgendjemand?) Warum allerdings der Kulturstaatsminister nur Rapmusik verbieten will ist mir schleierhaft. Seien wir ehrlich: wenn, dann ist der Fairness wegen jede gewaltverherrlichende Musik zu verbieten. Überlegen wir also mal, was alles von jetzt an nicht mehr erlaubt ist.

Einleuchtend dürfte sein, dass wir nicht mehr durch die Straßen ziehen und

“Zum letzten Mal wird zum Alarm geblasen
zum Kampfe stehn wir alle schon bereit”

singen dürften… Ups… Das Horst-Wessel-Lied ist ja sowieso schon verboten. Na macht nichts, es gibt ja noch so viel. Wie steht es zum Beispiel damit?

“Unser Blut sei nicht mehr der Raben,
Nicht der mächt’gen Geier Fraß!
Erst wenn wir sie vertrieben haben
dann scheint die Sonn’ ohn’ Unterlass!

Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!”

Das ist doch eindeutig gewaltverherrlichend! Aber jetzt wird klar, welches Ziel Neumann eigentlich verfolgt. Er will die SPD ärgern! Man stelle sich die Gesichter der Sozis vor, wenn sie ihnen eröffnet wird, dass sie die Internationale nicht mehr singen dürfen. Oder aber ihre Parteihymne:

“Brüder, in eins nun die Hände, Brüder das Sterben verlacht
Ewig der Sklaverei ein Ende, heilig die letzte Schlacht.

Brechet das Joch der Tyrannen, die uns so grausam gequält;
Schwenket die blutrote Fahne übetr die Arbeiterwelt.

Brüder, ergreift die Gewehre, auf, zur entscheidenden Schlacht!
Dem Kommunismus zur Ehre, ihm sei in Zukunft die Macht!”

So etwas kann natürlich in keinem Fall erlaubt sein, da hat der Herr Kulturstaatsminister schon recht. Die CDU, die meist die Nationalhymne singt (warum eigentlich, vertreten sie etwa Deutschland?) hat es da natürlich leicht.

Ob sich der Herr Kulturstaatsminister eigentlich klar darüber ist, welche Kreise das ziehen kann? Was ist mit

“Guerra, guerra! Le galliche selve Quante han quercie producon guerrier:
Qual sul gregge fameliche belve,
Sui Romani van essi a cader!”
“Zum Krieg! Zum Krieg! In den gallischen Wäldern
sind der Tapferen mehr als Bäume zu finden. Wie hungernde Wölfe die Herde überfallen,
so schlagen wir die Soldaten Roms.”

Stammt aus Bellinis “Norma. “Tja, “Norma” ist verboten und muss von den Spielplänen genommen werden. Oder

“Entsetzlich! Scheußlich! Fluchenswert!
In seinem Blute netzt das Schwert!
Zum Höllenpfuhl zurückgesandt,
sei er gefemt, sei er gebannt!”

Ups, auch kein Wagner mehr! Der grüne Hügel kann wohl schließen. Keine Selbstdarstellung der Politprominenz mehr. Aber dieser Preis ist nicht zu hoch im Kampf gegen Amokläufer jeden Alters. Sonst lesen wir womöglich eines Tages in der BILD folgenden Artikel:

Massaker im Seniorenheim! Nach einer Aufführung von Wagners Tannhäuser drehte der ehemalige Verwaltungsbeamte Wolfram von E. durch. In seine Wohnung im Seniorenheim zurückgekehrt bewaffnete er sich mit zwei Armbrüsten und einem Langschwert und tötete innerhalb von einer halben Stunde 25 Personen, bevor er sich in sein Schwert stürzte. Nach Augenzeugenberichten waren seine letzten Worte: “Elisabeth, Du bist gerächt!”

Schrecklich sowas! Aber glücklicherweise haben wir einen Kulturstaatsminister, der angetreten ist, seine ihm anvertrauten Bürger vor solcherlei Dingen zu schützen. Und weil keine Opern mehr gespielt werden können sparen wir sogar noch an der Kulturförderung. Sieg auf der ganzen Linie!

In diesem Sinne: Viel Spaß mit Hänschen-Klein.

Anmerkung: Ich fürchte, die zwischenstaatlichen Implikationen sind dem Kulturstaatsminister wirklich entgangen. Da es nicht auszuschließen ist, dass französische Fußballfans die Marseillaise mitsingen und sie zum Beispiel folgende gewaltverherrlichende Zeilen enthält

“Aux armes, citoyens,
Formez vos bataillons,
Marchons, marchons!
Qu’un sang impur
Abreuve nos sillons!”
“Zu den Waffen, Bürger!
Formiert eure Bataillone,
Vorwärts, marschieren wir!
Damit unreines Blut
unserer Äcker Furchen tränke!”

muss das Abspielen der französischen Nationalhymne leider unterbleiben. Und der amerikanischen. Und der italienischen.

Leave a Reply