7.
Jul
07

Schützt unsere Sprache - vor ihren Rettern!

von Ben

Es ist ja seit einiger Zeit üblich, den Niedergang der deutschen Kultur, insbesondere der deutschen Sprache zu beklagen. Das ist mittlerweile aber nicht mehr der NPD oder den Boulevard-Feuilletonisten des Bildungsbürgertums (richtig: der Spiegel!) vorbehalten. Nein, es gibt seit 2001 eine eigene Stiftung deutsche Sprache, der sich etliche Honoratioren, darunter einige Germanisten angeschlossen haben. Diese Stiftung unterhält eine eigene Aktion (Aktion lebendiges Deutsch), deren Ziel es unter anderem ist, Alternativen für Anglizismen zu finden.

Dass die Argumentation der Aktivisten (oder Aktionäre?) stellenweise etwas schwachbrüstig daherkommt, sei an dieser Stelle nur am Rande erwähnt. Was der zitierte “Endmark”-Beweis eigentlich beweist wird wohlweislich verschwiegen. Lediglich erwähnt wird, dass eine Untersuchung durch das Marktforschungsinstitut Endmark gezeigt habe, dass ein nicht unbedeutender Teil der Deutschen englische Werbesprüche nicht versteht. Welche Tatsache durch diesen “Beweis” belegt wird, bleibt das Geheimnis der Stiftung, in das einzuweihen sie den durchschnittlichen Seitenbesucher wohl für zu ungebildet hält. Auch der Hinweis auf die Tatsache, dass Deutsch die Sprache ist in die am meisten übersetzt wird, trägt nicht zur Erhellung bei. Schließlich stammen die meisten Übersetzungen aus dem Englischen und dürften ihren Grund darin haben, dass die Deutschen schlicht zu wenig Englisch können um die Originale zu lesen. Aber Statistik ist bekanntlich nicht jedermanns Sache und so sei der Aktion der Spaß gegönnt.

Was mich aber wirklich ärgert, ist der Alternativvorschlag dieses Monats. Die Aktion schlägt allen Ernstes vor, den Begriff “Cursor” durch “Blinker” zu ersetzen. Nun ist bekanntlich der Cursor nicht nur die Anzeigemarke bei Textverarbeitungsprogrammen, sondern auch der Mauszeiger der Desktopoberfläche. Und ein Blinker ist, das dürfte auch den Sprachwächtern bekannt sein, der Fahrtrichtungsanzeiger bei Kraftfahrzeugen. So viel zum Thema Verwirrung. Hinzu kommt, dass es für den Begriff “Cursor” bereits deutsche Entsprechungen gibt, nämlich Schreibmarkierung (ua) bei Programmen und Mauszeiger für die Desktopumgebung. Die Aktion “Lebendiges Deutsch” schlägt also im Kern vor, ein neues Wort zu erfinden.

Für diesen Fauxpas gibt es zwei mögliche Erklärungen. Erstens: die Aktion “Lebendiges Deutsch” wollte ein neues deutsches Wort erfinden, weil ihr die existierenden nicht gefallen haben. Dann bewahrt sie die deutsche Sprache nicht, sondern verhunzt sie, führt ihren Zweck ad absurdum und macht sich lächerlich. Zweitens: Die Aktion “Lebendiges Deutsch” wusste überhaupt nicht, dass es deutsche Entsprechungen für den Begriff “Cursor” gibt. Das wäre ebenso lächerlich und sollte die Aktionsmitglieder dazu veranlassen, sich schamerfüllt zurückzuziehen und selbst Deutsch lernen (statt ihre Mitmenschen zu schulmeistern).

Anmerkung: “Happy Hour” soll übrigens “Blaue Stunde” heißen. In den Worten des unsterblichen Charles Emerson Winchester III.: This is absurd!

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