12.
Aug
07

Wiedervereinigung

von Ben

Am vergangenen Donnerstag geschah es in Bad A… - von der Weltöffentlichkeit unbemerkt - dass einer Berufschulklasse von ihrer Politiklehrerin die Frage vorgelegt wurde, wann denn die Wiedervereinigung gewesen sei. Als richtige Antwort gab die Lehrerin “1989″ vor! (Hat da jemand geschrien?) Es ist offensichtlich Zeit, sich die grundlegenden Ereignisse der Jahre 1989 und 1990 wieder in Erinnerung zu rufen.

1989 war die Krise des Ostblocks offensichtlich. Michail Gorbatschow reagierte mit vorsichtigen Reformmaßnahmen und zog die russischen Truppen aus Afghanistan ab. Ungarn reagierte als erstes Land auf die Zeichen der Zeit und öffnete schrittweise die Grenze zu Österreich. Am 11. September 1989 erfolgte schließlich die vollständige Öffnung der Grenze. Tausende DDR-Bürger nutzten im Soomer ‘89 die Chance und flohen über Ungarn in die BRD. Bereits im Juni fanden in Polen die ersten demokratischen Wahlen nach dem zweiten Weltkrieg statt.

Währenddessen formierte sich in der DDR der Protest. Im Anschluß an das traditionelle Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche kam es auf dem Kirchenvorplatz zu einer Demonstration, an der etwa 1000 Menschen beteiligt waren. Am 11. und 18. September wurde die Demonstration wiederholt, worauf die Staatsmacht in guter sozialistischer Manier mit Verhaftungen und Gewalt reagierte. Dennoch beteiligten sich an der Demonstration am 25. September bereits ca 8000 Menschen. Am 2. Oktober sah sich die Staatsgewalt bereits 20′000 Demonstranten gegenüber - wieder kam es zu Ausschreitungen. Die Protestbewegung reagierte mit der Einrichtung einer Mahnwache für die politischen Gefangenen der DDR in der Berliner Gethsemane-Kirche.

Mittlerweile flohen die Bürger der DDR nicht nur über Ungarn, sondern zunehmend in die deutsche Botschaft in Prag, die wegen des großen Andrangs am 23. August für den Publikumsverkehr geschlossen wurde. Die Zustände in der Botschaft wurde im Laufe des Septembers unhaltbar, so dass der BRD-Außenminister Genscher mit Unterstützung seines Amtskollegen aus der UdSSR, Schewardnadse, schließlich eine Einigung mit der DDR erreichte. Am 30. September verkündete er den mittlerweile 4000 Flüchtlingen vom Balkon der Botschaft aus die Genehmigung ihrer Ausreise mit den Worten: “Liebe Landsleute, wir sind heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, daß heute Ihre Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland …” Der Rest ging im Jubel der Flüchtlinge unter.

Am 7. Oktober demonstrierte die DDR-Führung zum letzten Mal ihre Unfähigkeit, die Realität wahrzunehmen. Obwohl die DDR bereits seit Jahren nur dank der Devisenzahlungen der BRD überlebte, obwohl sich im geamten Ostblock eine Wende ankündigte und Polen bereits demokratisch gewählt hatte, obwohl die Bürger der DDR zu tausenden flohen und zu zehntausenden gegen ihre Führung demonstrierten, feierte die SED das vierzigjährige Bestehen der DDR mit den üblichen Aufmärschen und Fackelzügen.

Zwei Tage später demonstrieren in Leipzig 70′000 menschen, am 16. Oktober sogar 120′000. Selbst der DDR-Führung wurde jetzt klar, dass ein Politikwechsel angezeigt war. Am 18. Oktober musste Erich Honecker “aus gesundheitlichen Gründen” von seinem Amt als Staatsratsvorsitzender und Generalsekretär der SED zurücktreten. Das dieser Schritt jedoch nicht zu einer Beruhigung beitrug, trat am 8. November das gesamte Politbüro zurück.

Am 9. November beschloss das Zentralkomitte eine Erleichterung der Ausreise aus der DDR, in der Hoffnung, damit die Lage beruhigen zu können. Dieser Beschluss sollte am 10. November verkündet werden und sah keine vollständige Öffnung der Grenze vor. Allerdings verlas Günther Schabowski, Mitglied des ZK und des Politbüros, diesen Beschluss bereits am 9. November auf einer Pressekonferenz. Auf Nachfrage erklärte er, diese Regelung gelte sofort. Daraufhin stürmten DDR-Bürger die Grenzübergänge. Die Mauer war gefallen.

Trotz allem war eine Vereinigung von DDR und BRD weder zwangsläufig, noch einfach. Aufgrund der Sonderrechte der Siegermächte des zweiten Weltkriegs hing eine Einigung von ihrer Zustimmung ab. Im Februar 1990 einigten sie sich auf Verhandlungen mit BRD und DDR: die so genannten Zwei-plus-Vier-Gespräche. Im daraus resultierenden Vertrag erhielt Deutschland am 12. September 1999 die volle Souveränität.

Die ersten und einzigen freien Volkskammerwahlen der DDR-Geschichte am 18. März 1990 hatten ein deutliches Mandat für eine Vereinigung mit der BRD ergeben. Am 18. Mai 1990 schlossen daher die BRD und die DDR eine Zoll-, Wirtschafts- und Sozialunion. Von Juli an liefen die Verhandlungen über die Wiedervereinigung. Noch vor Ende der Verhandlungen beschloss die Volkskammer am 23. August 1990 den Beitritt der DDR-Länder zum Geltungsbereich des Grundgesetzes. Am 31. August wurde in Berlin der Einigungsvertrag unterzeichnet und am 3. Oktober 1990 traten die Länder der DDR dem Geltungsbereich des Grundgesetzes bei.

In den Verhandlungen war es umstritten, ob die BRD und die DDR sich zusammenschließen sollten, oder ob die DDR dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitreten sollte. Ersteres hätte die Verabschiedung einer neuen Verfassung durch eine demokratisch legitimierte verfassungsgebende Versammlung notwendig gemacht. Um Zeit zu sparen wählten die Verantwortlichen jedoch die zweite Option, so dass die DDR aufhörte zu existieren und ihre Länder das bundesdeutsche Grundgesetz annahmen.

Um es abschließend also auch für Politiklehrer nocheinmal zusamenzufassen: Die Wiedervereinigung fand am 3. Oktober 1990 statt.

One Response to “Wiedervereinigung”

  1. Zeitblog » Blog Archive » 9. November Says:

    […] einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem 9. November 1918 steht der 9. November 1989. An diesem Tag haben die Deutschen, wie es das Grundgesetz nahezu poetisch formuliert, “in […]

Leave a Reply